Bundesarchiv, B 145 Bild-F086568-0028 / Kirschner, Harald / via Wikimedia Commons
Wird Zeit, dass endlich gewählt wird. Was für ein Theater. Kanzlerkette, Stinkefinger. Das sind die Themen, die das Land bewegt. Am besten gar nicht mehr hingucken, Medienpause machen, höchstens noch kurz den Wahl-O-Maten konsultieren (um sich dann eh wieder nicht an das Ergebnis zu halten) und gut ist.
Aber auch mit den besten Vorsätzen nicht vorbei kommt man an dem bunten Plakate-Wald, der in diesen Tagen unsere Straßen säumt. Also schauen wir uns die doch mal genauer an. Zeit für Inhalte. Der große Bodenseebass-Wahlplakate-Check.
Los geht’s mit den Grünen:
Wie viele Nächte muss man durchgebrainstormt haben, wie viele Flipchartblätter zerknüllt, wie viel Druck vom Chef bekommen und wie viele Drogen genommen haben, um dann „Mensch vor Bank“ auf ein Plakat zu schreiben und das tatsächlich mit einem Typen vor einer (Sitz-)Bank zu illustrieren?
Der Rest der Kampagne? Soll frech sein, geht aber so. Reime wie „Für Mut gegen Armut“, grimassierende Kinder. Gut, dass da wenigstens der Lokalkandidat vom Bodensee nicht mitspielt und sein höflichstes Lächeln aufsetzt:
Okay, zur Konkurrenz. FDP. Nun ja. Standard aus dem Wahlplakate-Baukasten halt. Dahingerotzt. Und ganz FDP-typisch: je näher der Ernstfall rückt, desto fleißiger werden die Zweitstimmen-Bäpper rausgeholt. Das haben die Gelben echt exklusiv.
Kommen wir zur Kanzlerin. Dankbare Sache für den Werbemenschen. Da kann man eigentlich nix groß falsch machen. Merkel in Großaufnahme, strahlende Augen, mildes Lächeln und ne Kette. Inhalte? Meinungen? Slogan? Botschaft? Braucht kein Mensch. Aber wenn’s denn sein muss eben einen aus der Mottenkiste, der gar nicht erst originell sein will. Wie zu Kohl-Zeiten. Und wie es aussieht, wird sie dessen 16 Jahre auch noch toppen. Eben ganz die „Kanzlerin für Deutschland“.
Von der Kanzlerschaft kann der nur träumen, aber sein Plakat, mit dem er das Ruder noch rumreißen will ist super. Peer im Bad der Menge. Stadionatmosphäre, Fahnen, Fanmassen. Wie der Klopp vor der Dortmunder Südtribüne, wie Bruce Springsteen live on stage. Der Kandidat lächelt. Am Arsch geleckt, Angie mag die Titel holen, ich bin Meister der Herzen. Hell, yeah. Da stören auch der Spruch und das verwaiste Rednerpult (mit halbleeremvollem Glas Wasser, aber ohne Manuskript) nicht. Geknipst hat das Foto übrigens Popfotografenlegende Jim Rakete. Aber woher zum Geier hat er die vielen SPD-Wähler? Doch ein übler Trick?
Okay, weiter geht’s nach links. Die Linke. Wie immer in diesem Bild-Zeitung-Style mit wechselnden Parolen. Lauter Schenkelklopfer, Wahnsinn. „Teilen macht Spaß.“ Noch besser als „Mensch vor Bank“. Warum denn nicht die Wagenknecht als strenge DDR-Eiskunstlauftrainerin oder in FDJ-Uniform verkleidet posieren lassen? Für die Gala macht sie ja auch alles mit.
Aber hey, was ist das? MLPD? Gibt’s die auch noch? Total retro, total kommunistisch. Und, unglaublich, mit Che Guevara auf dem Wahlplakat. Ein echter Hingucker, auch wenn man den nicht wirklich wählen kann, liebe Erstwähler.
Origineller: Die Lenin-Marx-Lokomotive, die uns mit Dampf und Gloria in eine rote Zukunft führen soll.
Wen vergessen? Die Piraten. Ach so, na ja…
Eine Wahlempfehlung sprechen wir an dieser Stelle übrigens nicht aus, aber einen Partytipp – für das Wochenende danach. 21. Century Marschmusik im Traditionslokal. Und dazu gibt’s auch ein Plakat: