Mann beißt Hund

Polizeiauto_Jens Bredehorn_pixelio.de

Pressemeldungen der Polizei haben ihren ganz eigenen journalistischen Stil. Der jazzt so manchen Hasendiebstahl zum lustigen Zehn-Zeiler hoch oder greift immer wieder auf Begriffe zurück, die man sonst garantiert nirgendwo liest. In der Polizeisprache „manipulieren“ Exhibitionisten zum Beispiel stets an ihrem Dingens, und statt eines schnöden Geständnisses „räumen“ Tatverdächtige ihre Gesetzesverstöße ein.

Am besten ist es jedoch, wenn auch der Inhalt der Pressemeldung was hermacht. So wie gestern, als Beamte in einem Altshausener Problembezirk attackiert wurden. Ein böser Bube hatte sich mit dem Auto aus dem Staub gemacht und war dorthin geflüchtet, wo ihn garantiert keiner vermutet: nach Hause. Dort kam’s dann zum Showdown mit den Polizisten, die ihn zuvor mit Blaulicht und Martinshorn Sondersignalen verfolgt hatten. Wird in New York dann die Knarre gezückt oder in Frankfurt das Messer, setzt der Bandit aus Oberschwaben biologische Kampfstoffe ein:

Altshausen – Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte / Fahren ohne Fahrerlaubnis

Obwohl im die Fahrerlaubnis gerichtlich entzogen worden war, nahm am Montagmittag gegen 12.00 Uhr ein 54 Jahre alter Mann mit seinem Pkw am Straßenverkehr teil. Als ihn eine Streifenwagenbesatzung kontrollieren wollte, missachtete er alle Anhaltezeichen und flüchtete durch das Stadtgebiet von Altshausen auf die Landesstraße L 289 in Richtung Ebenweiler. Beim Versuch den Wagen zu stoppen, gelang es dem 54-Jährigen sein Fahrzeug zu wenden und wieder nach Altshausen zurück zu fahren. Mit Sondersignalen verfolgt konnte die Polizei den Flüchtigen schließlich an seiner Wohnanschrift stellen. Der Mann leistete gegen die Maßnahmen der Polizei Widerstand und versuchte, gegen die Beamten zu urinieren. Der weiterhin die Polizisten beleidigende Mann musste schließlich am Boden liegend mit Handschließen fixiert werden. Gegen ihn und seine Frau, auf die der Pkw zugelassen ist und vom Führerscheinentzug ihres Mannes wusste, sind Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Quelle: Polizeipräsidium Konstanz

Foto: Jens Bredehorn  / pixelio.de

Die letzte De:Bug

Debug

Am Samstag war sie nun auch in meinem Briefkasten, die letzte gedruckte „De:Bug“. Denn bekanntermaßen ist mit der aktuellen Nummer 181 Schluss für das Magazin für elektronische Lebensaspekte. Zumindest in Printform. Und das ist schade.

Am Anfang auf Zeitungspapier gedruckt (ich fand das voll super) und kostenlos verteilt (das fand ich auch super), türmten sich damals im Plattenladen und vor dem Douala gefühlt meterhoch die Heft-Bündel. Mit dem Kiosk-Gang wurde die Auflage dann wahrscheinlich etwas überschaubarer, und in der Nische blieb man verkaufstechnisch wohl immer, aber das nach dem diesjährigen März-Heft verkündete Ende der als „Buzz“ gestarteten Zeitschrift  kam dann aber doch etwas abrupt.

Internet killed the Printmagazin. Nun haben die allgemeinen Umstände in der Medienwelt halt auch die De:Bug getroffen. 1997 aus dem Nachlass des Techno-Blattes „Frontpage“ hervorgegangen, war De:Bug so etwas wie der nerdige, kapuzenpullitragende Bruder der hedonistischeren, gleichzeitig aber bodenständigeren „Groove“. Elektronische Lebensaspekte. Musik, Medien, Kultur und Selbstbeherrschung. Das hat man sich unter den Titel geschrieben und lag damit nicht daneben. Denn man kann über die De:Bug sagen, was man will, und die unvermeidlichen Handy-Testberichte und Modeseiten ziemlich doof gefunden haben. Aber am Puls der Zeit war sie schon immer, wenn es darum ging, welche High-Tech-Sau nun als nächstes durch das digitale Dorf getrieben wird. Von so neumodischem Kram wie „Augmented Reality“ zum Beispiel habe ich vermutlich in der De:Bug zum ersten Mal gelesen. Und ich glaube sogar ich habe begriffen, um was es geht.

Und die De:Bug war wohl das letzte Printmagazin, das es sich nicht nehmen ließ, so ziemlich jede verdammte auf Vinyl erschienene Platte, die es in die Redaktion geschickt bekommen hat, zu rezensieren. Trotzdem: Rein musikalisch gesehen war die De:Bug ehrlich gesagt eigentlich schon seit Längerem kein unverzichtbarer Wegbegleiter oder gar Horizont-Erweiterer mehr. Das muss nicht an der De:Bug, das kann ganz bestimmt auch an mir liegen. Tatsache ist aber: Viele spannende Ecken haben sie dann doch ganz einfach ausgeblendet.

Mein Abo habe ich gleichwohl nie gekündigt. Die De:Bug gehörte einfach zur monatlichen Pflichtlektüre. Und einmal habe ich es sogar ins Heft geschafft (#Stolz). Als Gewinner eines Preisausschreibens (verlost wurde eine Umhängetasche, die ich immer noch habe). Fand ich damals witzig. Weil ich wohl der einzige Gewinner in der ganzen Hefthistorie gewesen bin, der nicht in Köln oder Berlin wohnt.

Aber mein 36-Euro-Jahresabo hat’s dann letztendlich auch nicht rausgerissen.
Tschüss, De:Bug. Es war ne schöne Zeit.

Expedit – alles muss raus

Expedit

Das Billy-Regal gilt ja quasi als Inbegriff für Ikea – gepaart mit dem hartnäckigen Vorurteil, es würde immer irgendein Kleinteil im Paket fehlen. Man kann ja über Ikea viel Schlechtes sagen, aber die Story von den fehlenden Schrauben ist ne urban legend. Ich habe ja schon viel Ikea-Kram aufgebaut. Eine Schraube hat nie gefehlt. Ich schwör. Niemals. Eher blieb zum Schluss das eine oder andere Metallteilchen oder der ein oder andere Holzstift übrig. Was im Übrigen wesentlich beunruhigender ist, könnte man doch die entscheidende Schraube zur Gewährleistung der Statik vergessen haben.

Und was den Billy-Hype betrifft: Also Schallplatten kriegst du da sicher nicht unter. Außerdem sieht’s echt scheiße aus. Plattenregal? Expedit, Baby! Was Besseres gibt es nicht, außer der Schreiner nimmt Maß. Aber das wird teuer. Also Expedit. Fasst auch größere Plattenmengen und -gewichte, ist superpraktisch und trotz Ikea-Look ästhetisch noch absolut vertretbar. Seitdem das Expedit bei mir vor Jahren schon die ollen Ivars (die mit den potthässlichen Stabilisierungskreuzen hinten) als Plattenregal ersetzt hat, kommt bei mir nix anderes mehr ins Haus. Ausgereifte Technik, Referenzprodukt, alles super.

Doch nun – #aufschrei, #shitstorm, #onlinepetition – der Schock für DJs und Vinyl-Sammler: gut drei Jahre, nachdem Technics seine 1210er-Produktion eingestellt hat, macht Ikea doch tatsächlich Schluss mit dem Topseller Expedit, räumt seine Lager und stellt im April einen Nachfolger mit dem Namen Kallax ins Sortiment. Mit anderem Design und nun – igitt – auch als Farbvariante rosa. Und – so das bitterböse Gerücht, das durchs Netz schwappt – es passen keine Schallplatten mehr rein!

Es braucht ja wahrlich nicht viel, damit der Netzgemeinde vor Wut das Maul schäumt. Eine tote Zoogiraffe zum Beispiel. Oder eben das Ende eines Regals, das man zwar längst in mehrfacher Ausfertigung zuhause hat, aber beim nächsten Umzug und so, oder wenn’s mal vergilbt ist und so weiter… Naja, es ist ernst. Ikea hat das Kultregal getötet und trotz anderweitiger Imagefilmchen (siehe unten) kein Herz mehr für Vinylfreunde. Das Skandälchen dürfte den Expedit-(Aus-)Verkauf jedenfalls nochmal so richtig angekurbelt haben. Krieg am Regal 61 in Ulm und anderswo und super Werbung für Ikea, das die Gemüter sogleich beruhigt: Keine Panik, die Innenmaße bleiben gleich. Das heißt: Platten passen nach wie vor rein. Auch vom Gewicht? Auch vom Gewicht. Nur die dicken Außenwände, die das Expedit gleichwohl erst so richtig schön gemacht haben, werden beschnitten. Damit das Ganze endlich genauso billig aussieht wie ein Billy-Regal.

Wasser und Vergnügen

Wasser und Vergnuegen

Support your local Blogger: „Wasser und Vergnügen“ nennt sich gemäß Untertitel „ein Blog für Konstanz“. Den (oder besser: das?) gibt’s zwar wohl bereits seit 2012, also eigentlich schon furchtbar lange, bin aber irgendwie erst jetzt darauf gestoßen.

Party- und Ausgehtipps oder auch DJ-Porträts gibt’s da. Aber die Leute von „Wasser und Vergnügen“ haben eben auch eine Meinung. Und zwar zu den aktuellen städtischen Plänen, an Konstanz‘ schmucksten Ecken einen Security-Dienst zur warmen Jahreszeit Kindermädchen spielen zu lassen – und auch die Bepflanzungen auf eine Weise zu verändern, „ um einzelne Plätze (…) für den Aufenthalt uninteressanter zu machen”, wie ein Zeitungsbericht zitiert wird. Letzeres erinnert irgendwie an diese Anti-Obdachlosen-Bänke oder auch Anti-Tauben-Nadeln an Bahnhöfen. Da, wo ich herkomme, haben sie in der Fuzo mal so Stacheln um die Blumentöpfe geschraubt, damit es sich dort Punker und anderes unliebsames Gesindel nicht bequem machen können (und da gab’s freilich gar keine Seepromenade, nur trostlose C&A-Fassaden drum herum).

Die Kollegen von „Wasser und Vergnügen“ wollen jedenfalls zurecht – Zitat – „nicht in einer Stadt leben, wo tatsächlich darüber diskutiert wird, öffentliche Plätze bewusst hässlich zu gestalten, damit sich dort keine Menschen mehr aufhalten.“ Genau.